Der in Südbaden gelegene Freiburger Knast bietet einen „Besichtigungstermin“ an, den die Lokalzeitung im Rahmen einer „Ferienaktion“ bewirbt. Kontakt zur Öffentlichkeit oder doch eher „Zoobesuch“?
Die Badische Zeitung bewirbt aktuell eine Ferienaktion: Hinaus und hinein in fremde Welten. Es geht in die Kanalisation von Freiburg, oder wie es werbewirksamer heißt: „Ein Blick in die Unterwelt“ soll ermöglicht werden. Oder wer will, kann hinaus ins All schauen und ins Planetarium gehen. Wer es jedoch ganz exotisch mag, könnte am 20. August 2024, von 10 bis 11.30 Uhr im örtlichen Gefängnis vorbei schauen, wäre diese Veranstaltung nicht schon ausgebucht.
Knastbesichtigung vs. „Zoobesuch“
Immer wieder wird berichtet, wie Menschen täglich über Monate oder auch Jahre an den Gefängnismauern, der mitten im Universitätsviertel von Freiburg gelegenen Haftanstalt, vorbei radeln, vorbei spazieren, ohne auch nur daran zu denken, was das für ein mittelalterlich anmutendes Gemäuer eigentlich ist.
Insofern ist es nicht gänzlich abseitig, wenn die Anstalt einigen wenigen anstaltsfremden Personen die Möglichkeit einräumt, einen Blick hinter die Mauern zu werfen. Dennoch mutet es eher wie ein Zoobesuch an.
Die Selbstüberschätzung von BZ und Justizvollzugsanstalt
Wer immer die Bewerbung der Aktion für den 20. August 2024 übernommen hat, die Vorstellung, in 90 Minuten „Struktur, das Leben und die Begrenzungen der Gefängniswelt kennnezulernen“, wie es in dem Aktionstext heißt, erscheint allzu ambitioniert. Für gewöhnlich werden die Besucher*innengruppen zügig durch die einzelnen Bereiche geschleust. Begleitet von hochrangigen Uniformierten, abgesichert durch Bedienstete des Sicherheitsdienstes. Vielleicht dürfen die Besucher*innen in eine leere Zelle gucken, oder in eine Vorzeigezelle eines übermotivierten Insassen. Knasthof und Arbeitsbetriebe werden gezeigt- wobei in Freiburg der Anstaltsleiter, Leitender Regierungsdirektor Michael Völkel gewiss herausstellen dürfte, das die Gefangenen neben Basketball, auch Tennis (mit einem Softball), Fußball und Volleyball spielen dürfen. Dazu noch ein Blick in die gefängniseigene Sporthalle.
Ein Dialog und Austausch mit Inhaftierten ist bei solchen Besichtigungstouren nicht vorgesehen.
Gefangenen als Objekte der Neugierde
Wären die Freiburger Inhaftierten Kriegsgefangene, so müssten sie laut der Genfer Flüchtlingskonvention, vor der Neugierde des Publikums geschützt werden. So aber sind sie darauf angewiesen, dass das Personal sie zuvor informiert um sich dann ggf. zurückziehen zu können. Nach meiner eigenen Erfahrung passiert das nicht immer und auch nicht zuverlässig. Das selbe betrifft den Datenschutz: an den Zellentüren stehen Vor/Zuname der Insassen, an großen Tafeln in den Büros der Bediensteten sind auch die Vor/Zunamen zu lesen, es war immer wieder Gegenstand von Beschwerden einzelner Insassen, dass diese Tafeln dann abgedeckt werden- nicht jede/r möchte, dass sein/ihr Name von fremden Menschen gelesen werden kann.
Proteste gegen die Ferienaktion vor der JVA?
Ob es am 20. August am Vormittag zu Protesten vor der JVA kommen wird, ist aktuell noch offen. In einschlägigen Foren würde aber sicherlich rechtzeitig dazu aufgerufen werden, wenn der Werbeaktion der BZ und der Haftanstalt etwas entgegengesetzt werden sollte.
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