Am Tag vor Heiligabend gab die Rote Hilfe bekannt, dass ihre Konten gekündigt worden seien. Zunächst habe die Sparkasse Göttingen, und kurz darauf auch die GLS-Bank die gesamten Konten der Roten Hilfe aufgehoben. Beide wollen alle Konten der Roten Hilfe innerhalb von zwei Monaten auflösen.
Eine solide Begründung für die Kündigungen gab es nicht, lediglich einen Verweis auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Die Rote Hilfe vermutet jedoch, dass der Grund für die Kündigungen die US-Terrorlistung der vermeintlichen Organisation „Antifa Ost“ ist.
Die Rote Hilfe unterstützt seit fast 100 Jahren von politischer Repression betroffene Menschen. So ist sie auch aktiv in der Solidaritätsarbeit für die im Antifa-Ost-Verfahren und Budapest-Komplex angezeigten Antifaschist:innen.
„Debanking“ – ein Angriff auf die gesamte Bewegung
Die Rote Hilfe ist nicht die erste Organisation, der diesen Monat die Konten von der GLS-Bank gekündigt wurden. Vor einigen Tagen passierte dasselbe bereits mit der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), dem Anarchist Black Cross und verschiedenen Klimaorganisationen. Im März letzten Jahres versuchte die Berliner Sparkasse dasselbe mit den Konten der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost.
Sowohl bei der Roten Hilfe als auch bei der DKP forderte die Bank zunächst Informationen über die Arbeit der Organisationen. Bei der DKP wurde sich insbesondere nach einer Zahlung von Spenden an Kuba-Solidaritätsprojekte erkundigt. Nachdem diese fristgerecht zur Verfügung gestellt wurden, kündigte die Bank die Konten kurze Zeit später mit Verweis auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Die GLS Bank gibt sich dabei als genossenschaftliches Projekt einen fortschrittlichen Anstrich und positioniert sich beispielsweise für ein bedingungsloses Grundeinkommen, eine Vermögenssteuer, Klimaschutz und gegen Aufrüstung. Der Grund für die Kündigungen sei dabei wohl aber die Angst vor dem Ausschluss aus dem internationalen Zahlungsnetzwerk SWIFT. Diese Sanktion droht der Roten Hilfe zufolge Banken, die mit Personen oder Organisationen aus US-Terrorlisten in Verbindung stehen. Auch wenn SWIFT als politisch neutral gilt, folgt das Netzwerk der Roten Hilfe zufolge aufgrund der Dominanz des US-Dollars in der Praxis jedoch den außenpolitischen Vorgaben der USA.
„Die Rote Hilfe wird auf jeden Fall weiterbestehen“
Sowohl in ihrer Pressemitteilung als auch in einem Interview kündigte die Rote Hilfe an, weiterzumachen. Noch sind die Konten nicht geschlossen und die Rote Hilfe wird diese Schließung juristisch anfechten. Der Jüdischen Stimme gelang es im letzten Jahr bereits, über diesen Weg eine Schließung ihrer Konten zu verhindern.
Auch wenn das nicht funktionieren sollte, wird die Rote Hilfe weitermachen. Auch wenn die Konten weg sind, ist die Rote Hilfe ein eingetragener Verein und das Vermögen verschwindet nicht einfach so. Außerdem unterstützt die Solidaritätsorganisation Aktivist:innen nicht nur finanziell, sondern auch durch Beratung, Prozessbegleitung und die Vermittlung von solidarischen Anwält:innen. „Die Rote Hilfe wird auf jeden Fall weiterbestehen und auch weiterhin politisch Verfolgte finanziell unterstützen. Wie genau, werden wir erarbeiten“, heißt es in einem Interview mit dem nd.
Auch ruft die Rote Hilfe alle anderen progressiven Kräfte dazu auf, an ihrer Seite zu stehen. Denn die Repression könne alle treffen: „Man stelle sich vor, konservative Kräfte in den USA erklären etwa Schwangerenberatungsstellen oder queere Organisationen zu terroristischen Feindbildern – würden unsere Banken dann ebenso bereitwillig deren Konten kündigen? Was absurd klingt, rückt leider in den Bereich des Möglichen, wenn wir diese Entwicklung nicht gemeinsam stoppen.“, so Hartmut Brückner vom Bundesvorstand der Roten Hilfe.
Zuerst veröffentlicht auf Perspektive (CC BY-NC-SA 4.0).








