Recherchebericht zur Lesung mit Martin Sellner nahe Pforzheim

Am Samstag, den 4. August, war der bekannte Rechtsextremist und Führungsfigur der österreichischen Identitären Bewegung, Martin Sellner, zu Gast im Nordschwarzwald. Zu den Besuchern seiner Lesung in der Nähe von Pforzheim gehörten einige bekannte Gesichter der regionalen Neonazi-Szene. Nach gut zehn Minuten wurde Sellner von der Polizei zum Ausgang begleitet.

Vor einigen Wochen hatte Martin Sellner auf seinem Telegram-Kanal eine Lesung zu seinem Buch „Remigration – Ein Vorschlag“ für Samstag, den 3. August 2024, in Pforzheim angekündigt – Ort nur auf Anfrage. Wenig später verbreitete er die Falschinformation, dass seine Veranstaltung nach Calw verschoben würde. Mit diesem schlechten Verwirrungsmanöver wollte er wohl antifaschistische Gegenmaßnahmen verhindern.

Zwischen 18 und 18.30 Uhr wurden Besucher der Naziveranstaltung zu einem Schleußungspunkt, der Aral-Tankstelle in der Löchäckerstraße B294 in 75177 Pforzheim, gelotst. Um den Vortreffpunkt zu organisieren, musste Sellner augenscheinlich Nazis von weiter weg hinzuziehen. Ab 17.45 fuhr ein schwarzer Van mit Wormser Kennzeichen auf die Tankstelle. Zwei Männer und eine blonde Frau stiegen aus dem Fahrzeug aus (s. Bilder). Später kamen weitere ca. 15 Nazis gemischten Alters u.a. aus Pforzheim und Offenburg zusammen. Von dort ging es weiter zum Veranstaltungsort, dem Gasthaus „Zum Engel“ in Neulingen-Göbernich (Hauptstraße 25, 75245 Neulingen), das seit dem Jahr 2018 im Besitz von Kathleen Holzmüller (geb. Tepper), 43 Jahre, ist. Ihr Mann heißt Uwe Holzmüller.

Gerade nach der Correctiv-Recherche sollte Sellner jedem ein Begriff sein. Es ist also davon auszugehen, dass die Wirte genau wussten, wen sie sich ins Haus holten und dass sie mit ihren Räumlichkeiten seine Politik aktiv unterstützten.

Auch der FDP gefällts im „Engel“

Vor wenigen Monaten, am 29. September 2023, traf sich dort auch der FDP-Ortsverband Königsbach-Stein, um dort den Europakandidat des FDP-Kreisverbands vorzustellen. Ihr Thema: Illegale Migration, Abschiebung und zu viele Ausländer, für die es keine Bleibeperspektiven gibt.

Gegen 19 Uhr startete schließlich die Veranstaltung. Vor Ort waren die Organisatoren mit einem dunklen Transporter mit Freudenstädter Kennzeichen (FDS XY 191) anwesend, mit dem das Veranstaltungsequipment an- und abtransportiert wurde. Anbei noch diverse Fotos der anwesenden Nazis, von denen viele panisch in ihre Autos gestiegen und weggefahren sind, als die Veranstaltung nach nur 10 Minuten von der Polizei aufgelöst wurde.  

Auch Michael Stecher aus dem Rems-Murr-Kreis war anwesend und spielte sich wie üblich als Pressevertretre auf. Sellner gab ihm sogar ein kurzes Interview, bevor er in einem grauen SUV vom Veranstaltungsort weggefahren wurde.

Zahlreiche Alt-Nazis, nur vereinzelt junge

Die Veranstaltung war insgesamt nicht gut besucht. Der Altersdurchsnitt im Saal war relativ hoch (siehe Screenshot von Stecher). Zahlreiche Alt-Nazis, nur vereinzelt junge unorganisierte Leute waren da. Auffällig war, dass viele bekannte Gesichter von IB-lern aus der Region, wie zB. Michael Seybold gefehlt haben. Auch, dass sonst keine Prominenz der Mosaikrechten anwesen war, z.B. Zentrum oder 1 Prozent fällt auf (die meiste Medienarbeit wurde von Stecher gemacht, der nicht gerade als die Crème de la Crème der alternativen Medienlandschaft bekannt ist).

Nach der Auflösung gab sich Sellner kämpferisch, aber die Veranstaltung dürfte für die Rechten auch schon vor dem Eintreffen der Polizei eher ein Flop gewesen sein. Außerdem sollten wir uns hüten, uns über das Durchgreifen des Staates gegen Nazis zu freuen. Denn damit (konkret in diesem Fall: das Polizeigesetz in Baden-Württemberg, nach dem die Polizei ohne richterliche Anordnung o.ä. Personen anhand von Vermutungen ein befristetes Aufenthaltsverbot verhängen kann) wird der Rechtsruck nicht aufgehalten, vielmehr wird ein Präzendenzfall für ein Vorgehen gesetzt, das in Zukunft auch gegen fortschrittliche Politik angewendet werden kann und wird.

Unter diesem Link ist eine Liste mit den Kennzeichen von etwa 40 Fahrzeugen zu finden, die in unmittelbarer Umgebung der Gaststätte geparkt waren, sowie Fotos vom Gebäudes und von einigen Besuchern der Lesung.


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