Bereits 2023 sprach Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) ganz offen davon, dass Deutschland „kriegstüchtig“ werden müsse. Mit der Zeit konkretisierte er diese Vorstellung und erklärte im Sommer 2024: „Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein.“ Bis dahin soll Deutschland aufgerüstet werden, um gegen Russland in den Krieg ziehen zu können.
Diese Aufrüstung hat im Grunde zwei Komponenten. Zum einen benötigt die Bundeswehr Kriegsgerät. Dafür will die Regierung ihren Rüstungsetat bis zum Jahr 2029 auf 190 Milliarden Euro hochschrauben. Zum anderen braucht die Bundeswehr nach dieser Logik auch junge Menschen, die das Kriegsgerät bedienen. Doch dabei gibt es ein Problem für die Aufrüstungsbefürworter:innen. Es melden sich aktuell deutlich weniger Freiwillige, als von der Regierung vorgesehen.
Deshalb hat die Bundeswehr in diesem Jahr mittels großer Werbekampagnen im öffentlichen Raum, durch den „Veteranentag“ und den „Tag der Bundeswehr“ schon vor der Einführung der Wehrpflicht alles daran gesetzt, die Jugend zu rekrutieren. Jetzt geht die Regierung die letzten Schritte, um das Gesetz in Kraft treten zu lassen.
Die Wehrpflicht kommt – wie wird sie aussehen?
Der Entwurf des Wehrdienst-Gesetzes soll am 5. Dezember im Bundestag abschließend beraten und abgestimmt werden. Der Bundesrat trifft sich dieses Jahr zum letzten Mal am 19. Dezember. Dort wird das Gesetz dann aller Voraussicht nach bestätigt werden. Das Gesetz soll dann bereits am 1. Januar 2026 in Kraft treten.
Konkret bedeutet dieser Entwurf des Wehrpflicht-Gesetzes, dass alle jungen Männer ab dem Jahrgang 2008 im kommenden Jahr verpflichtet sein werden, einen Fragebogen auszufüllen und dann im Sommer ebenfalls verpflichtet sind, sich einer Musterung zu unterziehen. Wenn man sich der Musterung entzieht oder den Fragebogen nicht vorschriftsgemäß ausfüllt, dann wird dies als Ordnungswidrigkeit bestraft und man hat mit einer Geldstrafe zu rechnen.
Zunächst soll der Wehrdienst freiwillig sein. Falls die Zahl der Freiwilligen den Bedarf der Bundeswehr nicht deckt, soll sich das Parlament jedoch erneut mit dem Wehrpflicht-Gesetz befassen. Dann könnte der Bundestag das unbeliebte Losverfahren wieder auf den Tisch bringen.
Schulstreik gegen die Wehrpflicht
Gegen das Wehrpflicht-Gesetz und die Aufrüstung der Bundeswehr gibt es schon seit Monaten kreative Protestaktionen und Demonstrationen. Nun hat das Bündnis Schulstreik gegen die Wehrpflicht dazu aufgerufen, am 5. Dezember bundesweit für einen Tag die Schulen zu bestreiken und stattdessen gegen die Wehrpflicht zu demonstrieren.
Aktuell gibt es bereits über 90 Streikkomitees in ganz Deutschland. Mit dabei sind Städte wie Kiel, Potsdam, Göttingen, Kassel oder München. Doch auch schon vor dem Streik beschränken sich die Schüler:innen nicht nur auf die Vorbereitung des 5. Dezember, sondern veranstalten Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Wehrpflicht.
In Baden-Württemberg wird unter anderem in Freiburg, Offenburg, Karlsruhe, Heidelberg und Stuttgart gestreikt.
Der Sprecher des Planungskomitees für den Schulstreik in Göttingen, Hannes Kramer, sagte in einem Interview mit der jungen Welt: „Laut Gesetzestext bleibt der Wehrdienst nur so lange freiwillig, wie sich ausreichend Freiwillige finden. Ansonsten kann der Staat den Dienst an der Waffe auch erzwingen. Es darf nicht sein, dass über die Köpfe der jungen Menschen hinweg über deren Zukunft bestimmt wird.“
Um die Stimmen der Jugendlichen hörbar zu machen, haben sie die Schule als Kampffeld bewusst gewählt. Spätestens seit Fridays for Future wisse man, dass Schulstreiks Aufmerksamkeit generieren würden.
Die sozialistische Jugendorganisation Internationale Jugend, die sich ebenfalls in zahlreichen Städten an den Streiks beteiligt, erklärt in ihrem Aufruf, warum die Schule im Fokus der Proteste steht. Denn dort würden „die ganzen Jugendlichen sitzen, die als erste eingezogen werden sollen“. Im Interview mit Perspektive Online betonen sie zudem, dass man die Wehrpflicht im Zuge der internationalen Kriegsvorbereitungen sehen müsse:
„Dieses Wehrdienstgesetz und die Wehrpflicht kommen deswegen nicht aus dem Nichts. Sie sind keine einfachen Launen der Politiker:innen, sondern es wird seit Jahren klarer: Deutschland möchte kriegstüchtig werden. Eine Wehrpflicht ist nur ein kleiner Teil einer deutschlandweiten, aber auch internationalen Aufrüstung.“
Aktiv werden an der eigenen Schule
Auf der Webseite von Schulstreik gegen Wehrpflicht findet sich eine übersichtliche Checkliste, die Schüler:innen dabei helfen soll, einen Streik an der eigenen Schule ins Leben zu rufen. Neben Informationen findet man dort auch Designs für Flyer, Plakate und Sticker.
Aktuell laufen die Mobilisierungen für den 5. Dezember auf Hochtouren. Doch die Initiative hat in einer Pressemitteilung bereits verkündet, dass die Proteste mit dem Beschluss im Bundestag nicht aufhören werden. Auch für die Internationale Jugend ist klar: „Nach dem Streik ist vor der Organisierung.“ Und: „An jeder Schule gibt es viele Mitschüler:innen, die wir auch nach dem Streik ansprechen und mit denen wir gemeinsam gegen Krieg und Wehrpflicht aktiv werden können.“
Zuerst veröffentlicht auf Perspektive Online (CC BY-NC-SA 4.0).








