Proteste gegen Wehrpflicht in Freiburg: „Wir haben keine Lust, in den Krieg zu ziehen“

In ganz Deutschland sind am Freitag hunderte Schülerinnen und Schüler auf die Straße gegangen, um gegen die Pläne der Bundesregierung für eine neue Wehrpflicht zu protestieren. Dabei beteiligten sich auch mehr als zehn Städte in Baden-Württemberg. Größere Aktionen fanden in Stuttgart, Heidelberg, Ulm und Freiburg statt.

Die Schülerinnen und Schüler treffen sich zum Demo anmelden, Transparente bemalen und Grafiken gestalten, bevor sie raus gehen und die Straßen erobern. Beim Protest finden sie deutliche Worte, wollen gesehen und gehört werden. Vielleicht noch mehr als die deutliche Ablehnung der Wehrpflicht eint sie die Tatsache, dass die große Politik in der Hauptstaft sie in politischen Entscheidungsprozessen vollkommen ignoriert.

Der Protest ist getragen von starken, entschlossenen und emanzipatorischen Anliegen der SchülerInnen. Auf den Demos sind vor allem rote Fahnen zu sehen: Fahnen der Antifa, der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) und Kommunistischer Jugend (KJ) zu sehen. Ein Choreografie, die überall einstudiert ist: Der Demozug zertampelt auf seiner Route Karton-Panzer.

Das war los in Freiburg

In Freiburg waren es laut SWR 600 bis 700 TeilnehmerInnen, die am Vormittag vom Platz der Alten Synagoge zur Demo starteten. In diversen Redebeiträgen äußerten die Jugendlichen Kritik an den Plänen der Bundesregierung für eine fächendeckende Musterung, lehnen den „Zwangsdiensten“ rundheraus ab. Auf Plakaten ist zu lesen: „Die Jugend ist kein Kanonenfutter“ oder „Für’s Stadtbild zu schlecht, für die Front gut genug“. Die lautstarke Demo kommt auf ihrer Route am Karrierezentrum der Bundeswehr vorbei.

Sie alle teilen die Befüchtung, im Falle eines Krieges an die Front geschickt zu werden. Vom großen Zulauf zeigen sich die Veranstalter überrascht. „Wir haben mit viel weniger Leuten gerechnet“, so Urs Borho, einer der Freiburger Organisatoren, abends in der „Landessschau“. Bei der Demo-Anmeldung habe man mit nur 70 Leute gerechnet.

… und in Heidelberg, Stuttgart, Ulm

Auch in Heidelberg sind es bis zu 600 SchülerInnen, die am Freitag an den Protestaktionen teilnehmen, in Stuttgart sind es geschätzt knapp eintausend. „Unser Leben kriegt ihr nicht – Gegen jede Wehrpflicht“, ist auf dem Transparent an der Ulmer Demospitze an diesem Vormittag zu lesen.

Dass der Deutsche Lehrerverband – anders als die Gewerkschaften GEW und Verdi, die sich solidarisch zeigten – mit drastischen Konsequenzen drohte, sollten sie dem Unterricht fernbleiben, konnte die wütenden Jugendlichen nicht davon abbringen, auf der Straße für ihre Zukunft zu kämpfen.

Was der Bundestag beschlossen hat

Der Deutsche Bundestag hat am Freitag ein Gesetz zum neuen Wehrdienst als wohl ersten Schritt zur neuen Wehrpflicht beschlossen. Vorgesehen ist eine massive Aufstockung der Streitkräfte – noch auf freiwilliger Basis. Melden sich zu wenig Jugendliche, kann bei einem weiteren Beschluss eine „Bedarfswehrpflicht“ greifen. Der Bundesrat muss dem Vorhaben am 19. Dezember noch zustimmen, sodass das Gesetz ab Januar 2026 in Kraft tritt. Die frühere Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt, jedoch nie ganz aus dem Grundgesetz gestrichen.

Verteidigungsminister Boris Pistorius sprach von einem „entscheidenden Schritt für die Verteidigungsfähigkeit“. Man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Am Ende zeigt sich der SPD-Politiker zufrieden: „Dieses Land, diese Demokratie verdient es.“ Junge Soldaten will er mit monatlich 2600 Euro brutto und „in bestimmten Fällen“ mit einem Zuschuss zum Pkw- oder Lkw-Führerschein locken.

Wie kann man beim Protest mitmachen?

Ziel des neugegründeten Freiburger Bündnisses sei es, auch nach dem Schulreik aktiv zu bleiben und gemeinsame Aktionen durchzuführen. Man wolle die Bewegung gegen die Wehrpflicht weiter zu vernetzen, so der Sprecher. Zu den offenen Treffen seien SchülerInnen, aber auch StudentInnen und ArbeiterInnen willkommen.

Instagram-Streik-Map Baden-Württemberg

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