Anlässlich des 4. Spieltags der Europa-League-Vorrunde erwartete die Anhängerschaft des Sport-Clubs für den 6. November eine besondere Auswärtsfahrt an die sonnige Côte d’Azur zum OGC Nizza. In sportlicher Hinsicht verlief die Reise auch äußerst erfolgreich. Die Freude über den 3:1-Sieg wurde jedoch getrübt von Schikanen und Polizeigewalt gegen die Freiburger Fanszene.
Die lokalen Behörden verweigerten den 1500 mitgereisten SC-Fans den freien Zugang zum Stadion. Erst zogen sich die Einreisekontrollen endlos hin. Dann die Anordnung, dass die Aushändigung der Tickets an einem zentralen, leicht zu kontrollierenden Sammelpunkt stattzufinden habe, um die Freiburger von dort mit Shuttle-Bussen geschlossen zum elf Kilometer entfernten Stadion zu bringen. Den Fans war zudem untersagt, an zwei Tagen außerhalb des Treffpunkts und des Stadions Fankleidung zu tragen, woran sich aber nicht viele gehalten haben sollen.
250 Leibesvisitationen
Die Fans waren daraufhin gezwungen, bei sonnigen Temperaturen teilweise mehr als anderthalb Stunden in den Bussen auszuharren, ohne Möglichkeit an die frische Luft zu treten oder eine Toilette aufzusuchen. Im Zuge der Maßnahme mussten sich laut „Badischer Zeitung“ bis zu 250 Personen – darunter Ultras wie Normalos – in der Nähe des Sammelpunkts einer „grenzüberschreitenden Leibesvisitation“ unterziehen.







Die letzten Busse erreichten das Stadion erst 20 Minuten vor Anpfiff. Wegen des erhöhten Andrangs ließ die Polizei die Situation nun vollends eskalieren und schlug mit Knüppeln wahllos auf SC-Fans ein, im Gedränge kam es zu zwei bestätigten Festnahmen.
Aus Protest gegen das herablassende Verhalten und die massiv überzogene Gewalt der französischen Behörden verzichteten die Freiburger während der gesamten Partie auf Fangesänge, Banner und Choreografien. Während des gesamten Spiels waren Polizeitrupps im Gästeblock präsent. Nach Abpfiff und einer Stunde Quarantäne kam es draußen erneut zu Drangsalierungen seitens der französischen Behörden: SC-Fans warteten in den vollbesetzten Bussen bei verschlossenen Türen ewig auf die Abfahrt – ein Austritt blieb ihnen wieder verwehrt.
Verein zeigt sich solidarisch mit den Fans
Spieler und Trainer zeigten sich solidarisch mit ihren Anhängern und kritisierten das Vorgehen der Polizei. „Wenn man über mehrere Stunden im Bus gefangen ist – wenn dann der Bus voll ist, die Sonne scheint drauf, man kann nicht zur Toilette – das wünscht man keinem“, so Coach Julian Schuster. „Das ist schade, wenn wir auf internationaler Reise sind und uns alle gemeinsam auf den Weg machen, dass man dann solche Zustände vorfindet, die man absolut kritisieren muss.“
Sportvorstand Jochen Saier nannte den Polizeieinsatz in der Halbzeitpause eine „deutlich überzogene“ Maßnahme und sprach von „unschönen Szenen“. Und weiter: „Es ist total schade. Wir sind ein friedlicher Verein mit friedlichen Fans. Es hätte ein Fest werden können.“ Der SC hatte im Vorfeld auf das „Risiko von Konflikten mit Nizza-Fans – insbesondere in den Abendstunden“ hingewiesen und die Fans dazu angehalten, sich „ruhig“ zu verhalten, und gleichzeitig die Warnung herausgegeben: „Erfahrungen aus Lens und anderer Vereine in Frankreich zeigen, dass die Polizei vor Ort sehr konsequent agieren kann.“
Verein wendet sich an die Öffentlichkeit
In einer Presseerklärung wendet sich der Verein zwei Tage nach dem Abend in Nizza an die Öffentlichkeit. Die Kommunikation mit Präfektur und Polizei sei „zäh und teils widersprüchlich“, klare und verlässliche Absprachen kaum möglich gewesen. „Die Probleme setzten sich am Spieltag fort. Viele der behördlichen Maßnahmen gegenüber SC-Fans, bis hin zum Einsatz von Schlagstöcken, waren überzogen und unverhältnismäßig.“ Man wolle in Kürze schriftlich bei der UEFA Protest einlegen.
„Bereits im Vorfeld der Begegnung mussten sich der Sport-Club und seine Fans mit umfangreichen Auflagen der französischen Behörden arrangieren, die mit Vorkommnissen in der Vergangenheit in Nizza (Terroranschlag im Jahr 2016, Auseinandersetzungen mit Fans des 1. FC Köln vor drei Jahren) begründet wurden.“
Unbestreitbar mischen in manchen Fanclubs aggressive Individuen mit. Das Vorgehen der Polizei in Nizza beweist aber, dass Behörden und Organisatoren offenbar nicht in der Lage sind, zwischen gewaltbereiten Hooligans und euphorisierten, aber friedlichen Fußballfans zu unterscheiden. Die drastischen Maßnahmen – geschlossene Transfers, Massenkontrollen, Einsatz von Gewalt – sind für niemanden nachvollziehbar und wie im Falle der Freiburger völlig unverhältnismäßig, was das im Vorfeld konstruierte Konfliktpotenzial überhaupt erst heraufbeschwört und das bei Bedarf vorgeschobene Argument der Terrorgefahr als die offensichtliche Floskel dastehen lässt, zu der sie mittlerweile verkommen ist.








