Die kurze Antwort: Ja
Die lange Antwort: Jaaaaaaaaaaaaaaaa
Die ganz lange Antwort: Wir werden diese Frage sowohl aus ethischen wie auch strategischen Perspektiven bearbeiten. Anschließend unterscheiden wir verschiedene Arten der Gewalt. Darauf aufbauend beschäftigen wir uns mit diversen praktischen Fragen der Umsetzung.
I. Moralische Ebene
Wenn du nicht möchtest, dass Faschos deinen Szenetreff stürmen, deinen FreundInnen nach Demos auflauern oder Geflüchtetenunterkünfte anzünden, dann solltest du weiterlesen!
Als radikale Linke empfinden wir große Wertschätzung für das Leben. Wir wollen, dass alle Menschen ihr volles Potenzial entfalten können. Deshalb widerstrebt es uns, Gewalt gegen Menschen auszuüben.
Wir müssen jedoch eine Güterabwägung vornehmen.
Nazis stellen eine reale Bedrohung für Millionen von Menschen dar. Allen voran marginalisierte Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen und alle, die an einer demokratischen Ordnung interessiert sind. Diese Gefahr ist sowohl unmittelbar in Form von rechtem Terror und Sportfaschos als auch durch ihre Bemühungen um die gesellschaftliche Machtübernahme vorhanden, welche an manchen Orten Ostdeutschlands (z.B. Eisenach) schon Wirklichkeit ist.
Nazis handeln dabei nicht ausversehen oder aus Reflex, sondern in vollem Bewusstsein.
Es ist daher legitim, alle Mittel zu nutzen, die geeignet sind, um sie zu stoppen.
Natürlich gehören dazu auch nichtgewalttätige Mittel, allen voran Bildungs- und Medienarbeit, sowie verstärkte Bemühungen darum, linke Gesellschaftsentwürfe im Kleinen zu verwirklichen, wie auch im Großen zu erkämpfen. Wir streben nach einem friedlichen und demokratischen Diskurs, auch mit konservativen Kräften, die nicht faschistisch sind. Das ist aber nicht Thema dieses Textes. Denn diese Lösungen entfalten ihre Wirkung erst in einigen Jahren.
Währenddessen ist das die Realität:
- Faschisten fahren nach Tschechien für Schießtrainings
- Gewalt gegen Geflüchtete nimmt zu
- Große Teile Ostdeutschlands werden längst von ihnen regiert
- Seit 1990 über 200 Todesopfer durch rechte Gewalt
- Übergriffe auf linke AktivistInnen sind an der Tagesordnung
- Über 1000 untergetauchte Nazis
Faschisten erreichen wir nicht durch Workshops und Küfa-Abende. Und auch der Staat erweist sich als mindestens unfähig, dieser Gefahr adäquat entgegenzutreten. Deshalb solltest du Gewalt gegen Nazis befürworten!
Das heißt nicht, dass du sie persönlich ausüben musst. Es gibt im antifaschistischen Kampf verschieden Rollen zu denen wir noch kommen werden.
1.1 Legitime Gewaltziele
Unsere Gewalt richtet sich explizit und ausschließlich gegen Faschisten. Natürlich sind Konservative, Neoliberale, EsoterikerInnen und KapitalistInnen unsere politischen GegnerInnen, aber keine Feinde, die wir körperlich angreifen.
II. Umsetzung
2.1 Rollen
2.1.1 Direktbeteiligte:
- Strategieplanende
- Recherche
- Materialbeschaffende
- Spotter 1 (Vorabbeobachtung)
- Spotter 2 (Tatbeobachtung)
- Ausführende
- Psychologische Betreuung
- Optional: Öffentlichkeitsarbeit
2.1.2 Bei Selbstverteidigung von Häusern, Camps usw.
- Wachen
- Bei bedarf patrouillieren
- Carearbeit (psychische Betreuung und Essen)
- Menschen, die Koordination und Kommunikation gewährleisten und im Blick haben
2.1.3 Nicht Direktbeteiligte
- Unterschlupfbietende
- Teilnahme an gesellschaftlichen Debatten
- Teilen von Aufklärung
Für den Anfang ist es schon ausreichend, entsprechende Posts zu liken/teilen und im direkten Umfeld seine Perspektive zu teilen.
III. Vorbereitung
3.1 Arten der Gewalt
- Selbstverteidigung bei Demos, Camps und Veranstaltung gegen Angreifende
- Präventivschlag: Faschisten proaktiv und sorgsam geplant angreifen
3.2 Team-Zusammenstellung
Menschen, …
- die ihr gut kennt und die konstruktiv zusammenarbeiten
- die psychisch weitgehend stabil sind
- die noch nie jemanden bei der Polizei verraten haben
- keine Personen mit einem starken Drang nach Selbstdarstellung
- keine Tratschonkel*Tanten
- Länger als ein halbes Jahr proaktive Beschäftigung mit linksradikalen Inhalten, nicht nur Bauchgefühl
- Nicht mehr als erforderlich!
3.3 Materialbeschaffung
Überlegt euch frühzeitig, was ihr benötigt, was ihr davon legal erwerben könnt und was auf anderen Wegen beschafft werden muss. In jedem Fall solltet ihr Bargeld verwenden, bei Bedarf 5-Finger-Rabat.
3.4 Recherche
- Namen und Adressen von Targets
- Alltagsroutinen der Targets
3.4.1 Quellen
Indymedia, knack-news, rechte Streamer (auch wenn es weh tut), persönliche Social Media Kanäle, eigene Beobachtung.
Wichtig: Bei letzterem nicht sich selbst gefährden (Kleidung, verschiedene Personen).
3.5 Strategieplanung
- Welches Ziel ist realistisch und wirkungsvoll?
- Wen holen wir ins Team?
- Wann und wo findet die Aktion statt?
- Soll es ein Bekennendenschreiben geben?
- Plan B?
- Wissen über Schwachstellen des menschlichen Körpers
3.6 Sporttraining
- Allgemeine körperliche Fitness
- Kampfsport
- Zielübungen mit Pfefferspray/Gel (bitte achtet auf eure eigenes körperliches Wohlbefinden)
- Zielübungen mit Teli, Hammer und Holzstangen
Wie Training: Sucht euch einen abgelegenen Ort wo ihr Privatsphäre zum Üben habt, bringt Kreativität mit und verletz euch nicht selber, das wäre doof.
3.7 Psychologische Vorbereitung
- Sprecht über Ängste und Sorgen
- Seid ehrlich darüber, was ihr euch vorstellen könnt und was nicht
- Niemand wird gezwungen oder überredet
- Sprecht über Worst-Case-Szenarien
- Sprecht über Konsequenzen
3.8 Detaillierte Vorbereitung
Alle Beteiligten müssen den Plan auswendig kennen. Das gilt auch für Kleinigkeiten wie die An- und Abreise (jeder Weg muss geplant sein), wie auch in welcher Reihenfolge wer etwas tut. Und nach Möglichkeit vorher einüben. Nichts dem Zufall überlassen.
3.9 Allgemeines aber wichtiges
- Nichts schweres vorher essen
- Keine Drogen
- Rituale, die zu eurer Entspannung beitragen (Tee trinken, im Kreis tanzen…)
- Lernt die Nummer von eurem Anwalt auswendig
IV. Repressionsprävention
4.1 Damit ihr bei der Vorbereitung nicht auffliegt
- Keine Handys oder Bluetooth Kopfhörer bei Besprechungen
- Nicht mit Unbeteiligten über die Aktion reden
- Keine öffentlichen Orte für Besprechungen (dazu zählen auch linke Szenetreffs, hier könnten Wanzen und Ziften sein)
- Informiert euch über Überwachungskameras, Alarmanlagen und wie lange die Polizei braucht
4.2 Damit ihr bei der Aktion nicht auffliegt
- Keine DNA (Beim Proxishop eures Vertrauens gibt es bestimmt Literatur dazu)
- Codewörter
- Aktionsnamen (immer andere)
- Immer noch kein Handy
- GRÜNDLICH vorbereiten, nichts dem Zufall überlassen
- Nichts in Tatortnähe zurücklassen
4.3 Nach der Aktion
- Immer noch mit niemanden sprechen
- Nicht danach googeln
4.4 Falls doch was passiert
- Egal, was euch Bullen androhen: Die radikale Linke wird solidarisch mit euch sein, wenn ihr die Klappe haltet (Bullen dürfen drohen, eure Vermieter, Arbeitgeber und Angehörigen zu kontaktieren. Wir versichern euch: keiner wird auch nur eine Nacht auf der Straße schlafen müssen.)
- Just saying: Wenn ihr nicht die Fresse bei den Bullen haltet, war es das mit Aktivismus für euch
- Überlegt euch aufeinander abgestimmte Alibis
- Haltet euch einfach an die obigen Punkte dann ist die Aktion zu 99,9991% sicher
V. Durchführung
Hier wollen wir nicht zu viel schreiben, wir vertrauen auf eure Kreativität und intensive Vorbereitung. Was wir empfehlen können: Durch kleinere Aktionen gegen Dinge schon mal euren Teamzusammenhalt zu stärken und potentielle Fehler zu entdecken.
5.1 Tunnelblick
Wenn man erst mal bei der Aktion ist, fühlt man sich besser als erwartet, jedoch kann es passieren, dass man durch die Fokussierung auf das Ziel die Umgebung vergisst. Schon deshalb braucht man Spotter, aber auch alle anderen sollten sich dessen bewusst sein.
VI. Nachbereitung
Das Team muss zusammenkommen und intensiv alles auswerten, sowohl auf Sachebene, wie auch psychologisch.
VII. Apropo Psychologisch
Jeder Mensch (das gilt auch für Leute die keine Aktionen machen) sollten regelmäßig ihre Emotionswelt erforschen, verstehen und Wege der Kontrolle und kanalisierung finden. Warum reagiere ich in Situation A so? Welche Ereignisse in meiner Biographie haben mich geprägt? Wie kann ich mit negativen Emotionen einen produktiven Umgang finden, der nicht heißt, sie zu unterdrücken?
Teilt wesentliche Informationen über eure emotionale Verfassung mit eurem Team.
VIII. Umgang mit Testosteron
Manche Menschen haben eine starke Testosteronproduktion. Das ist auch prinzipiell nichts Schlechtes und kann eine Stärke sein, wenn die betreffenden Personen wissen, wie sie ihr Testosteron steuern. Es darf nicht passieren, dass …
- Menschen anfangen vom Plan abzuweichen aufgrund unkontrollierter Emotionen.
- sich andere Aktivistis nicht trauen, an der Diskussion teilzuhaben.
IX. Strategische Überlegungen zur gesellschaftlichen Akzeptanz
Es gibt die Argumentation: Gewalt gegen Nazis führe…
- zu Polizeirepression
- zur Ausgrenzung der Linken in der Gesellschaft und
- zu Gegengewalt
9.1 Zu Punkt 1: Repression
Erinnert ihr euch an die letzte Generation? Diese Gruppierung war zu 100% friedlich in ihrem Aktivismus. Trotzdem traf sie eine massive Ablehnung durch die Gesellschaft und massive Repression.
Denken wir auch an den Protest gegen Stuttgart 21, wo der Staat friedlichen Demonstranten die Augen ausgeschossen hat.
Wir sehen also: Wenn der Staat will, wird er immer alles kriminalisieren, wenn es ihm passt.
9.2 Zu Punkt 2: Öffentlichkeit
Wie schon erwähnt, stehen alle Linken in der Verantwortung, ihren Mitmenschen die Bedrohung von Rechts und die Notwendigkeit von Gewalt zu erklären, sowie es geschissen zu bekommen, solidarische und selbstorganisierte Formen des Zusammenlebens in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, ohne sich andauernd zu spalten.
Natürlich müssen Spaltthemen konstruktiv diskutiert werden, aber da wo wir gemeinsame Meinungen haben, sollten wir zusammen kämpfen. Zum Beispiel bezahlbarer Wohnraum und Klimawandel.
9.3 Zu Punkt 3: Gegengewalt
Diese Sorge ist berechtigt, jedoch gibt es bereits massive Gewalt von Rechts und sie nimmt zu. Wie ihr gemerkt habt, gibt es relativ wenige rechte Übergriffe auf linke Kieze und Treffpunkte. Das liegt daran, das die Faschos wissen, das sie dort massive Gegenwehr erwartet. Anders ist es bei Geflüchtetenunterkünften und in kleinen Ortschaften. Hier fühlen sie sich sicher.
Unser Ziel muss es sein ihnen diese Sicherheit zu nehmen. Dazu brauch es Taten.
Je mehr von uns fähig und willig zur Gewalt sind, desto mehr können wir die Faschos wieder in die Bunker treiben.
X. Abschließendes
Jeder kann etwas beitragen:
Es könnte sein, dass viele von uns sich nicht bereit fühlen* für die körperliche Auseinandersetzung. Auch diese Genossis können durch Carearbeit, Aufklärungsarbeit, erste Hilfe und Denkarbeit ihren Beitrag leisten. Die Rote Hilfe freut sich auch über Spenden.
* Diesen Personen möchten wir empfehlen, trotzdem zumindest Selbstverteidigung einzuüben. Es hilft Vitamin B für Bewaffnung, ein einfaches Pfeffergel/-spray ist sehr hilfreich wenn es griffbereit ist, regelmäßig neu gekauft und der Umgang geübt wird.
Ja, es kann bei Aktionen zu Rückschlägen oder Fehlern kommen. Wenn ihr guten Gewissens sagen könnt, ihr habt alles in eurer Macht stehende getan, dann müsst ihr euch keine Vorwürfe machen. Seht diese Erfahrungen als Lernerfolg an.
Was immer passiert: Ihr seid auf der richtigen Seite der Geschichte, in einer langen Tradition von Kämpfern, die sich nicht ausgeruht haben, sondern der Barberei die Stirn geboten haben. An Orten wie Rojava sehen wir, dass diese Kämpfe eine Utopie zur Realität werden lassen.
Wir wünschen euch viel Mut und Kraft für all eure Aktionen.
Ziel ist es, eine befreite Gesellschaft aufzubauen, in der keine Gewalt mehr erforderlich ist.
Alerta!
Schreibe einen Kommentar